Der Kindesunterhalt umfasst ein wesentliches Spektrum der anwaltlichen Tätigkeit im Familienrecht. Grundsätzlich sind Unterhaltsansprüche minderjähriger und volljähriger Kinder zu unterscheiden. Jeder Unterhaltsanspruch orientiert sich an der Bedürftigkeit des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.
Wann steht einem minderjährigen Kind Unterhalt zu?
Minderjährige Kinder sind im Regelfall unterhaltsbedürftig, da sie über keinerlei eigene Einkünfte verfügen.
Der Elternteil, der das minderjährige Kind in seinem Haushalt betreut, erbringt den Unterhalt in Form der Betreuung. Der Elternteil, der getrennt von seinem Kind lebt, ist dem Kind gegenüber barunterhaltspflichtig.
Ich ermittle zunächst das sog. „bereinigten Nettoeinkommens“, d.h. die Höhe des Einkommens des Unterhaltsverpflichteten, das für den Kindesunterhalt tatsächlich zu berücksichtigen ist.
Die Berechnung hängt von sehr vielen verschiedenen Positionen ab, die sich dem juristischen Laien nicht unbedingt von selbst erschließen, zumal sie häufig einzelfallabhängig sind. Grundsätzliche Ausführungen hierzu finden Sie in den Unterhaltsleitlinien des jeweils zuständigen Oberlandesgerichts, z.B. in den Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Köln, die auf den Internetseiten des Gerichts veröffentlicht werden.
Anschließend ermittle ich, unter Berücksichtigung des Alters des Kindes, der Anzahl der Unterhaltsberechtigten, des Selbstbehalts des Verpflichteten und des anteilig in Abzug zu bringende Kindergeldes, den zutreffenden Zahlbetrag nach der jeweils aktuellen Düsseldorfer Tabelle, die auf den Internetseiten des Oberlandesgerichts Düsseldorf veröffentlicht wird.
Zum sog. Zahlbetrag hinzuzusetzen ist eventueller Mehrbedarf, z.B. Kindergartenbeiträge und die Kosten für eine Krankenversicherung, sollte das Kind privat versichert sein.
Wenn ein Unterhaltsverpflichteter mehreren unterhaltsberechtigten Personen gegenüber zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet ist und diese nicht insgesamt erfüllen kann, gilt eine Rangfolge, wobei minderjährige Kinder vorrangig unterhaltsberechtigt sind und den Partner möglicherweise ausschließen.
Was passiert, wenn die finanziellen Mittel nicht ausreichen, um den vollen Mindestunterhalt an alle minderjährigen Kinder zu zahlen?
Sollten die finanziellen Mittel des Verpflichteten nicht ausreichen, den Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle für seine Kinder zahlen zu können, so können seine Schulden nicht berücksichtigt werden. Darüber hinaus trifft den Unterhaltsschuldner die sogenannte gesteigerten Erwerbsobliegenheit.
Er ist verpflichtet, sich nachhaltig um eine Erwerbsstelle zu bemühen, durch die der Mindestunterhalt gesichert werden kann. Diese Bemühungen sind dabei auch auf ein großräumiges Umfeld zum Wohnort, teilweise sogar auf das Bundesgebiet zu erstrecken. Es kann damit eine Verpflichtung zum Wechsel der Wohnung, des Arbeitsplatzes oder des Berufes bestehen. Weiter kann die Verpflichtung bestehen, eine Nebentätigkeit aufzunehmen.
Stellt das Gericht fest, dass der Unterhaltspflichtige seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht nachkommt, wird ihm ein sogenanntes fiktives Einkommen angerechnet.
In diesem Zusammenhang hat das Gericht die persönlichen Verhältnisse, wie beispielsweise Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Gesundheit des Unterhaltspflichtigen sowie die Tatsache, dass diese Einkünfte für den Schuldner erzielbar sind, zu prüfen und dann auf dieser Grundlage das fiktive Einkommen, welches es anschließend bei der Bemessung des Unterhalts zugrunde legt, zu ermitteln.
Der Unterhaltsverpflichtete kann sich damit, solange er nicht seine gesamten Fähigkeiten und Arbeitskraft einsetzt, nicht darauf berufen, dass er nicht genug verdient, um Unterhalt zu zahlen.
Wichtig: Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit besteht nur in Bezug auf die Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen bzw. privilegierten volljährigen Kindern (hierzu unten).
Für weitere Fragen und zur gerichtlichen Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen oder Abwehr überzogener Unterhaltsansprüche stehe ich Ihnen gerne in meiner Fachanwaltskanzlei für Familienrecht zur Verfügung.
Wie berechnet sich der Kindesunterhalt beim Wechselmodell?
Leben die Eltern das sog. „Wechselmodell“, gestaltet sich die Berechnung recht kompliziert. Es ist keineswegs so, dass die Unterhaltsansprüche gegeneinander aufgehoben werden. Vielmehr ist ein konkreter Bedarf für das Kind zu errechnen, den die Eltern anteilig, entsprechend Ihrer Anteile am Gesamteinkommen, tragen. Häufig entsteht ein Ausgleichsanspruch desjenigen Elternteils, der über weniger Einkommen verfügt gegenüber dem Elternteil, der höhere Einkünfte hat.
Wann steht einem volljährigen Kind Unterhalt zu?
Beide Eltern schulden Ihrem volljährigen Kind dann Unterhalt, wenn es sich in einer Ausbildung oder in einem Studium befindet, da sie ihrem Kind einen berufsqualifizierenden Abschluss schulden. Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung bestimmt sich anteilig, entsprechend des Anteils am Gesamteinkommen.
Der Naturalunterhalt in Form von Betreuung hat mit Eintreten der Volljährigkeit keine Bedeutung mehr.
Das Unterhaltsrecht unterscheidet zwischen privilegierten volljährigen Kindern und nicht privilegierten volljährigen Kindern. Privilegierte Volljährige sind den minderjährigen Kindern im Unterhaltsrecht gleichgestellt.
Nach § 1603 Abs. 2 BGB ist ein volljähriges Kind privilegiert, wenn es:
- das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
- bei den Eltern (oder einem Elternteil) lebt und unverheiratet ist
- und sich in einer allgemeinen Schulausbildung befindet.
Bei volljährigen Kindern, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, bemisst sich der Unterhalt nach Maßgabe der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Das Kindergeld ist komplett und eine Ausbildungsvergütung bis auf 100,- € als bedarfsdeckend zu berücksichtigen.
Erfüllt das Kind nicht die Voraussetzungen der Privilegierung, so greift die Rangfolge des § 1609 BGB im Unterhaltsrecht, d.h. Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder, privilegierter volljähriger Kinder oder von Ehegatten und weiterer Personen gehen dem Anspruch eines nicht privilegierten Kindes vor.
Darüber hinaus entfällt die gesteigerte Erwerbsobliegenheit und auch der dem Unterhaltsverpflichteten zustehende Selbstbehalt ist höher.
Der Unterhaltsanspruch volljähriger nicht privilegierter Kinder bemisst sich nach ihrem ungedeckten, konkreten Bedarf.
Für Studenten, die nicht im Haushalt der Eltern leben, sieht die Düsseldorfer Tabelle (Stand 01.01.2023) einen Bedarf in Höhe von 930,- € vor. Darin sind 410,- € Warmmiete enthalten. Der Betrag gilt ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden.
Für weitere Fragen und zur gerichtlichen Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen oder Abwehr überzogener Unterhaltsansprüche stehe ich Ihnen gerne in meiner Fachanwaltskanzlei für Familienrecht zur Verfügung.